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Ataxia Teleangiectasia Mutated (ATM)

Ataxia Teleangiectasia Mutated

Menschen, dessen ATM-Gen (Ataxia teleangiectasia mutated-Gen) eine homozygote Defizienz aufweist (Häufigkeit ~ 1:40 000), sind an der Ataxia teleangiectasie erkrankt (auch A-t). Ein Ausfall beider Gene kann durch zwei gleiche Mutationen in beiden Genen oder was bei diesem Syndrom fast immer zutrifft, durch zwei unterschiedliche Mutationen in beiden Genen (Compound Heterozygotie) die jeweils auch zum Ausfall des Proteins führen, verursacht werden. Das ATM-Gen wird bei normaler Funktionsfähigkeit von Doppelstrangbrüchen der DNA aktiviert und spielt eine maßgebliche Rolle in der Beseitigung dieser Doppelstrangbrüche. Hierbei handelt es sich um eine Multisystemerkrankung, dessen Merkmale unter anderem die cerebelläre Ataxie, die Augen und die Haut betreffene Teleangiektasien, eine genomische Instabilität, eine Immunschwäche und eine Prädisposition zur Entwickung maligner lymphoider Erkrankungen sind. Lymphocyte Development: Integration of DNA Damagae Response Signaling

Bei dem heterzygoten Auftreten von ATM ist nur ein Gen betroffen und es kommt zu keiner Erkrankung. Die heterzygote Erkrankung bzw. die Mutation in dem einen Gen gilt allerdings als Brustkrebsgen und führt damit zu einem circa 2-fach erhöhten Risiko für diese Erkrankung.

 

Eigene Untersuchungen auf Strahlenempfindlichkeit:

  • Bereits 14 der meist heterozytgoten ATM-Patienten wurden auf ihre individuelle Strahlenempfindlichkeit getestet. Von diesen Patienten wiesen drei Patienten eine leicht erhöhte Strahlenempfindlichkeit auf. Der Durchschnittswert der Strahlenempfindlichkeit liegt im nicht erhöhten Bereich.

Literatur zu Strahlenempfindlichkeitsmessungen:

Literatur zu klinischen Fallberichten/Strahlenfolgen:

  • Bei Patienten, die biallelische Mutationen von ATM oder Deletionen von ATM haben, seien toxische Wirkungen auf Normalgewebe durch Strahlentherapien wahrscheinlich. Bei Mantelzell-Lymphomen mit dieser Mutation könnte dieser Effekt ausgenutzt werden - eine Strahlentherapie würde hier infrage kommen, besonders bei kurativen Therapieabsichten. ATM mutation and radiosensitivity: An opportunity in the therapy of mantle cell lymphoma
  • Tumoren mit ATM-Mutationen (besonders in Kombination mit BRCA1/2-Mutationen) zeigen ein besseres Ansprechen auf die Radiotherapie. Gegebenenfalls müssten Mutationen von DNA-Reperaturgenen der Tumore bei der Planung der Tumortherapie in Zukunft berücksichtigt werden müssen. Ein gehäuftes Auftreten von Radiotoxizitäten konnte in dieser Studie nicht festgestellt werden. Increased Radiosensitivity of Solid Tumors Harboring ATM and BRCA1/2 Mutations
  • Im Gegensatz zu Patienten mit dem Bloom's Syndrome, der Fanconi Anämie oder einer BRCA-Mutation seien ATM-Patienten gefährderter für unerwünschte Folgen einer Strahlentherapie. Clinical and Cellular Radiosensitivity in Inherited Human Syndromes
  • Toxizität einer adjuvanten Radiotherapie in Patientinnen mit ATM-Mutation: Breast Cancer Adjuvant Radiotherapy in BRCA1/2, TP53, ATM Genes Mutations: Are There Solved Issues?,  Severe reaction to radiotherapy for breast cancer as the presenting feature of ataxia telangiectasia
    • Aufgrund der vielfältigen Mutationstypen ist es umstritten, ob es bei ATM-Patientinnen häufiger zu Radiotherapie-induzierten Toxizitäten durch die adjuvante Radiotherapie kommt, oder nicht. In manchen Studien wurden keine Hinweise auf ein gehäuftes Auftreten strahleninduzierter Akut- oder Spättoxizitäten festgestellt. In einer Studie wurde festgestellt, dass es ab bestimmter ATM-Schwellenwerte gehäuft zu späten und ab bestimmten Werten zu schweren späten Radiotoxizitäten kommen kann. Ferner seien Patienten mit zwei pathogenen ATM-Genvarianten für schwerere subkutane Toxizitäten gefährdet.
    • Ebenso wie bei tp53-Mutationen komme es auch bei den ATM-Mutationen stark auf die Art der vorhandene(n) Mutation(en) an, um das Risiko des individuellen Patienten für strahleninduzierte akute und späte Radiotoxizitäten einschätzen zu können.
    • Das Vorhandensein bestimmter biallelischer Mutationen scheint mit dem Auftreten schwerer Reaktionen nach adjuvanter Radiotherapie bei MammaCA-Patientinnen in Verbindung zu stehen.
  • Aus vielen Berichten geht die Schwere der vieler Reaktionen auf Strahlentherapien und auf andere, Doppelstrangbrüche induzierender Tumorchemotherapeutika hervor. Daher ist bei ATM-Patienten grundsätzlich Vorsicht geboten bei der Therapie mit solchen Tumortherapien. Human Radiosensitivity and Radiosusceptibility: What Are the Differences?; Leukemia and lymphoma in ataxia telangiectasia; Treatment of acute leukemia in children with ataxia telangiectasia (A-T); Ataxia telangiectasia: a human mutation with abnormal radiation sensitivity; Ataxia telangiectasia: a human mutation with abnormal radiation sensitivity | Nature
  • Bei einer neunjährigen ATM-Patientin mit Hodgkin Lymphom, die Strahlentherapie und Chemotherapie erhalten hat, konnten keine übermäßigen, unakzeptablen Radiotoxizitäten durch die Therapie festgestellt werden. Allerdings seien die Fibroblasten dieser Patientin drei mal strahlenempfindlicher und 1,2 mal empfindlicher gegenüber Doxorubicin, verglichen zu nicht-ATM-Patienten gewesen. Allgemein sei die Behandlung der Hodgkin-Erkrankung bei ATM-Patienten behindert, da diese häufig übermäßig sensibel auf Radiotherapie und Chemotherapeutika reagieren. Chemo- and radiosensitivity testing in a patient with ataxia telangiectasia and Hodgkin disease
  • Bei einer siebenjährigen Patientin mit Wilms-Tumor kam es zu fatalen Folgen der Radiotherapie. Bei dieser Patientin konnte die Strahlentherapie nie zu Ende geführt werden, da sie schwere Nebenwirkungen entwickelte, etwa chronische Diarrhoen sowie wiederholte untere gastrointestinale Blutungen. Der Tod dieser Patientin mit sieben Jahren wird hauptsächlich auf die schweren Nebenwirkungen zurückgeführt. Erst postmortal wurde die Diagnose dieses Mädchens festgestellt, bei der zunächst nur eine milde Ataxie und ein Hyper-IgM-Syndrom diagnostiziert worden waren. Ataxia-telangiectasia with hyper-IgM and Wilms tumor: fatal reaction to irradiation

Schlussfolgerung bzgl. Testung auf Strahlenempfindlichkeit:

  • Eine Testung auf die individuelle Strahlenempfindlichkeit bei ATM-Patienten ist sicherlich zu empfehlen. Berücksichtig werden muss hierbei, dass ein hohes Risiko für schwere Radiotoxizitäten nicht immer mittels Strahlenempfindlichkeitstestung vorhergesagt werden kann, sodass sich ebenfalls eine sorgfältige Indikationsstellung der Strahlentherapie sowie eine engmaschige klinische Überwachung des Patienten anbietet.