Erhöhte Strahlenempfindlichkeit aufgrund von Erbkrankheiten/Genetische Erkrankungen/Mutationen
Hier sind genetische Erkrankungen gelistet, die mit einer erhöhten Strahlenempfindlichkeit in Zusammenhang gebracht werden. Für jede gelistete genetische Erkrankung haben wir Ergebnisse von Literaturrecherchen und unsere eigenen Erfahrungen beschrieben.
Huntington-Erkrankung
BRCA1 und BRCA2
BRCA1 (BReast CAncer gene 1) und BRCA2 (BReast CAncer gene 2) sind sogenannte Tumorsupressorgene, deren Proteine, für die sie codieren, mit für die DNA-Reparatur zuständig sind.
Neben spontanen Mutationen der BRCA-Gene kann eine der beiden Genkopien bereits mutiert sein, das von einem Elternteil weitergegeben wurde. Das heterozygote Vorliegen einer BRCAs Mutation erhöht das Krebsrisiko für Ovarialkarzinome und Brustkrebs (BRCA1 ~5x, BRCA2 ~ 8x). BRCA Gene Mutations: Cancer Risk and Genetic Testing
Eigene Untersuchungen auf Strahlenempfindlichkeit:
- Es wurden 64 Mammakarzinom-Patientinnen mit einer bekannten BRCA1- oder 2 Mutation untersucht.
- 37 Patientinnen mit BRCA1-Mutationen sind in unseren Untersuchungen nicht bis geringfügig erhöht strahlenempfindlich.
- 27 Patientinnen mit BRCA2-Mutation sind in unseren Untersuchungen nicht bis geringfügig erhöht strahlenempfindlich.
- Eine Patientin mit BRCA1 Mutation und gleichzeitig Xeroderma pigmentosum und Bloom's Syndrom war deutlich erhöht strahlenempfindlich.
- Eine Patientin mit BRCA1 und CHEK2 Mutation war nicht erhöht strahlenempfindlich mit 0.46 B/M
- Eine Patienten mit BRCA2 und Li Fraumeni Syndrom (p53 het.) war erhöht strahlenempfindlich mit 0.6 B/M
- Es wurden keine Unterschiede zwischen Patientinnen mit BRCA-Mutationen und ohne oder mit onkologischer Erkrankung gefunden.
Literatur zu Strahlenempfindlichkeitsmessungen:
- Strahlenempfindlichkeit von Mammakarzinomen bei adjuvanter Strahlentherapie
- Eine adjuvante Strahlentherapie bei Tumoren mit BRCA-Mutations-Status sei nicht grundsätzlich kontraindiziert, auch wenn sie allgemein bei Patienten mit tumorsupressorgen-mutierten Tumoren aufgrund der veränderten Strahlenempfindlichkeit der mutierten Tumorzellen und einem erhöhten Risiko des erneuten Auftretens umstritten ist. Häufig werde eine bilaterale Mastektomie aus den beiden oben genannten Gründen der adjuvanten Strahlentherapie nach Tumorresektion bevorzugt durchgeführt. Breast Cancer Adjuvant Radiotherapy in BRCA1/2, TP53, ATM Genes Mutations: Are There Solved Issues?
- Es könnte sein, dass BRCA1-mutierte Zellen eine andere Strahlenempfindlichkeit als BRCA2-mutierte Zellen haben. Dies sei allerdings nicht durch klinische Fallberichte belegbar. In verschiedenen Studien wurde gezeigt, dass es hier keine Unterschiede hinsichtlich von Lokalrezidiven oder dem Überleben zwischen den beiden Mutationstypen gibt. Breast Cancer Adjuvant Radiotherapy in BRCA1/2, TP53, ATM Genes Mutations: Are There Solved Issues?
- Es bestünden derzeit keine ausreichenden Begründungen, um Brustkrebs-Patientinnen mit BRCA1/2-Mutationen von der Anwendung der adjuvanten Strahlentherapie abzuraten. Breast Cancer Adjuvant Radiotherapy in BRCA1/2, TP53, ATM Genes Mutations: Are There Solved Issues?
- Bei einem Mangel an funktionierenden BRCA1- und BRCA2 kommt es zu einer fehlerhaften Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen in bestrahlten Zellen, wodurch es unter anderem zu einem Verlust der Proliferationsfähigkeit kommt. Bei Heterozygoten BRCA1- und BRCA2-Mutationen komme es ebenfalls zu einer erhöhten Strahlenempfindlichkeit mit verminderter Proliferationsfähigkeit nach Bestrahlung. Gamma-rays-induced death of human cells carrying mutations of BRCA1 or BRCA2
Literatur zu klinischen Fallberichten/Strahlenfolgen:
- Strahlenempfindlichkeit der Tumore:
- Tumoren mit BRCA1/2-Mutationen (besonders in Kombination mit ATM-Mutationen) zeigen ein besseres Ansprechen auf die Radiotherapie. Gegebenenfalls müssten Mutationen von DNA-Reperaturgenen der Tumore bei der Planung der Tumortherapie in Zukunft berücksichtigt werden müssen. Ein gehäuftes Auftreten von Radiotoxizitäten konnte in dieser Studie nicht festgestellt werden. Increased Radiosensitivity of Solid Tumors Harboring ATM and BRCA1/2 Mutations
- Strahlenempfindlichkeit von Mammakarzinomen bei adjuvanter Strahlentherapie
- Bei den (meist heterozygoten) BRCA1/2-Trägerinnen gäbe es eine normale Rate an akuten und späten Radiotoxizitäten. Es komme zu mit nicht-BRCA1/2-Patientinnen vergleichbaren kosmetischen Ergebnissen. Die ethnische Zugehörigkeit sei kein Faktor, der die Radiotoxizität beeinflussen würde.
- Strahlenempfindlichkeit der Patienten:
- Bei einem Patienten mit der BRCA2-Mutation mit klinischer Strahlenüberempfindlichkeit konnte kein Zusammenhang mit einer erhöhten zellulären Strahlenempfindlichkeit festgestellt werden und kein Anhalt dafür, dass bei diesen Patienten standardmäßig Chromosomenuntersuchungen stattfinden sollten. Clinical and Cellular Radiosensitivity in Inherited Human Syndromes
Schlussfolgerung bzgl. Testung auf Strahlenempfindlichkeit:
- Eine Strahlenempfindlichkeitstestung könnte insbesondere dann ratsam sein, wenn noch andere Mutationen zusammen mit BRCA-Mutationen vorliegen. Patientinnen mit BRCA1/2 Mutationen fallen grundsätzlich nicht klinisch mit Nebenwirkungen in der Strahlentherapie auf.