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Fanconi Anämie (FA) - Strahlenempfindlichkeit

Fanconi Anämie

Die Fanconi Anämie (FA) ist ein seltenes genetisch rezessives Syndrom, welches zu einer Rückbildung des Knochenmarks führt und ein erhöhtes Krebsrisiko bedingt. Ursächlich ist ein Defizit in der Reparatur von Crosslinks zwischen den beiden DNA-Strängen. An der komplexen Reparatur sind mindestens 13 Reparaturproteine beteiligt.

Eigene Untersuchungen auf Strahlenempfindlichkeit:

Es wurden bisher fünf Patienten untersucht, von denen drei Patienten eine deutlich erhöhte Strahlenempfindlichkeit vorwiesen.

 

 

Literatur zu Strahlenempfindlichkeitsmessungen:

Bei hauptsächlich homozygoten Trägern von FA-Mutationen konnte eine signifikant erhöhte chromosomale Strahlenempfindlichkeit und eine genomische Instabilität festgestellt werden, selbst bei den Eltern der Patienten konnte dies in gewissen Maßen festgestellt werden. Diagnosis of Fanconi Anaemia by ionising radiation- or mitomycin C-induced micronuclei

  • in der Literatur wird teilweise beschrieben, dass die Ergebnisse von Messungen der individuellen Strahlenempfindlichkeit häufig nicht mit der klinischen Strahlenempfindlichkeit zusammenhängt. Dies ist im Abschnitt "Fallberichte" näher beschrieben.

Literatur zu klinischen Fallberichten/Strahlenfolgen:

  • Die meisten nicht-transplantierten FA-Patienten mit verschiedenen Krebsentitäten starben innerhalb der drei auf die Radiotherapie folgenden Monate unter anderem an ihren fortgeschrittenen Tumorerkrankungen. Manche der Patienten entwickelten schwere unerwünschte Nebenwirklungen durch die Strahlentherapie. Ein Patient mit einem Karzinom des oberen Ösophagus starb an einem Larynxödem und einer Pneumonie nach dem Erhalt von einer Dosis von 70Gy. Es sei vermutlich ratsam, so häufig wie möglich chirurgische Eingriffe durchzuführen und bei der Anwendung von Chemotherapeutika oder Strahlentherapien bei vorliegenden DNS-Reperaturstörungen vorsichtig zu sein. Radiosensitivity in Fanconi's anemia patients
  • Bei einem Patienten mit klinischer Strahlenüberempfindlichkeit konnte kein Zusammenhang mit einer erhöhten zellulären Strahlenempfindlichkeit festgestellt werden und kein Anhalt dafür, dass bei Patienten mit Fanconi-Anämie standardmäßig Chromosomenuntersuchungen stattfinden sollten. Clinical and Cellular Radiosensitivity in Inherited Human Syndromes
  • Bei einem anderen FA-Patienten zeigte sich eine ausgeprägte klinische Strahlenempfindlichkeit in Form einer konfluierenden ulzerierenden oropharyngealen Mukositis nach der Therapie eines Tonsillenkarzinoms. Auch bei diesem Patienten zeigte sich eine Diskrepanz zwischen zellulären prädiktiven Strahlenempfindlichkeitstestungen und der beobachteten klinischen Radiosensistivität. Normal cellular radiosensitivity in an adult Fanconi anaemia patient with marked clinical radiosensitivity
  • In einem Casereport wurde von einem FA-Patienten mit Kopf-Hals-Tumor wurde von einer erhöhten Akuttoxizität, aber keinen höhergradigen Spätfolgen der Radiotherapie berichtet, bei einem anderen FA-Patienten mit Kopf-Hals-Tumor kam es bereits nach 8Gy zu einer zum Tode führenden akuten Hämatotoxizität auf. Hier wurde die Vermutung aufgestellt, dass eine Radiotherapie oder eine Radiochemotherapie bei FA-Patienten im Einzeltherapie möglich und sinvoll sein kann. Fanconi’s Anemia and Clinical Radiosensitivity
  • In einem Bericht von zwölf Tumorpatienten (besonders im Kopf-Hals-Bereich) mit FA wurde von diesen bei neun Patienten eine Mukositis, bei 8 Patienten Schluckbeschwerden und bei der Hälfte der Patienten eine Panzytopenie festgestellt. Zudem sei es zu Ösophagusstenosen, Larynxödemen und Wundzerfällen gekommen, bei fast der Hälfte der Patienten musste die Strahlentherapie vorzeitig beendet werden. Vier Patienten starben während der Strahlentherapie. Die postoperative krankheitsfreie Überlebenszeit betrug 0-55 Monate. Es solle das Ansprechen von FA-Patienten weiter untersucht werden, um das Risiko des Auftretens unerwünschter Folgen der Radiotherapie zu minimieren. Postoperative clinical radiosensitivity in patients with fanconi anemia and head and neck squamous cell carcinoma
  • Herkömmliche Strahlendosen könnten für Patienten mit DNA-Reperaturdefekten, etwa der FA, gefährlich sein. Strahlenempfindliche Patienten müssten ausfindig gemacht werden, um bei diesen eine Strahlentherapie zu vermeiden oder die Strahlendosis anzupassen. Clinical Radiation Sensitivity With DNA Repair Disorders: An Overview

Schlussfolgerung bzgl. Testung auf Strahlenempfindlichkeit:

  • Derzeit kann nicht sicher gesagt werden, ob zur Vorhersage der Strahlenreaktion bestimmte in vitro Tests zu rechtfertigen. Gerade im Hinblick der teilweise bestehenden Diskrepanz der klinischen Strahlenempfindlichkeit mit den gängigen in vitro-Strahlenempfindlichkeitsmessungen ist es vermutlich schwer zu begründen, sich anhanddessen für oder gegen eine Strahlentherapie zu entscheiden. Clinical and Cellular Radiosensitivity in Inherited Human Syndromes
  • Viele Fallberichte legen nahe, dass es bei FA-Patienten ein erhöhtes Risiko für das Auftreten schwerwiegender Akut- und Spättoxizitäten gibt - allerdings könne man FA-Patienten nicht generell die Strahlentherapie vorenthalten.
  • Eine Radiotherapie oder eine Radiochemotherapie bei FA-Patienten könne im Einzeltherapie möglich und sinnvoll sein. Fanconi's anemia and clinical radiosensitivity report on two adult patients with locally advanced solid tumors treated by radiotherapy
  • Unserer Meinung nach sollten PatientInnen mit FA möglichst früh getestet werden, auch ohne einer Tumorerkrankung, um die Strahlenempfindlichkeit des individuellen Patienten zu kennen. Wegen der häufig notwendigen Knochenmarkstransplantation kann danach die Strahlenempfindlichkeitsmessung nicht mehr an den Lymphozyten durchgeführt werden. Deswegen empfiehlt es sich, die Strahlenempfindlichkeitsmessung frühzeitig durchzuführen. Bei einer erhöhten Strahlenempfindlichkeit hätte dies die Konsequenz, dass man bei diagnostischen Maßnahmen versuchen könnte, die verwendete Dosis zu minimieren. Sollte eine Tumorerkrankung auftreten, könnte man die Fraktionsdosen der Therapie entsprechend der Strahlenempfindlichkeit anpassen.