Warum gibt es Menschen mit unterschiedlicher Strahlenempfindlichkeit?
Die individuelle Strahlenempfindlichkeit beschreibt, wie die Zellen eines Menschen mit den durch Strahlung erzeugten Schäden an der DNA umgehen können. Dazu gehört nicht nur, dass die Schäden an der DNA wieder repariert werden, sondern auch dass innerhalb der Zelle die Information über die Anzahl und Schwere des Schadens adäquat weitergegeben wird. Weiter muss die Zelle dann richtig reagieren und z.B. die Zellteilung anhalten oder bei besonders schwerwiegenden Schäden dafür sorgen, dass Sie sich nie mehr teilen kann. All diese Schritte werden zusammen Schadensprozessierung genannt.
Für Schadensprozessierung werden mehrere hundert verschiedene Proteine bzw. Gene benötigt. Auch kleine Veränderungen (Mutationen) in diesen Genen können zu einer veränderten Schadensprozessierung führen. Dies bedeutet dann, dass der Mensch gegenüber der Strahlung und anderen die DNA schädigenden Agenzien empfindlicher ist.
Individuelle Strahlenempfindlichkeit
Durch die Eigenschaften dieser verschiedenen Gene kommt es als Resultat bei jedem Menschen zu einer für ihn spezifischen Strahlenempfindlichkeit, die beschreibt wie derjenige mit den durch die Strahlung gesetzte Schäden umgehen kann. Die Strahlenempfindlichkeit kann man mit verschiedenen Methoden testen, indem man z.B. Blutzellen ex vivo bestrahlt und dann die Reparatur und die weitere Verarbeitung der Schäden untersucht. Wir verwenden als Standard die Untersuchung von Blutlymphozyten, die wir mit 2 Gy bestrahlen und dann wachsen lassen. Nach 48 Stunden untersuchen wir in der ersten Teilungsphase welche Schäden von der Bestrahlung verblieben sind. Diese Schäden werden in Brüche pro Teilung (Brüche pro Metaphase) ausgedrückt und darüber kann man eine erhöhte Strahlenempfindlichkeit sehr gut wiedergeben. Bei einer Erhöhung auf Werte über 0.6 Brüche pro Metaphase empfehlen wir dringend die täglichen Dosen bei einer Strahlentherapie entsprechend zu reduzieren.
Genetische Syndrome
Es gibt eine Reihe von genetischen Erkrankungen mit unterschiedlichen Symptomen, die zusätzlich häufig eine erhöhte Strahlenempfindlichkeit verursachen. Bekanntere Syndrome sind das Fanconi Syndrom, Ataxia Telangiectatica und das Nijmegen Breakage Syndrom. Bei allen Syndromen ist das Ausmaß der Strahlenempfindlichkeit nicht immer gleich. Beim Fanconi Syndrom gibt es Patienten die nicht erhöht und andere die deutlich erhöht strahlenempfindlich sind.
Genetische Syndrome mit erhöhter Strahlenempfindlichkeit: | |
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Ataxia Telangiectatica (ATM) | ATLD / Mre11 |
Cockayne-Syndrom | Bloom-Syndrom |
DNA-PK | Fanconi Anämie |
Ligase IV | Nijmegen Breakage Syndrom |
Rett Syndrom | Rothmund-Thomson-Syndrom |
SCID-Artemis | Trichothiodsytrophie |
Werner-Syndrom | Xeroderma pigmentosum |
Familiäre Krebserkrankungen
Es gibt aber auch familiär weitergegebene Gene, die keine Erkrankung verursachen, aber zu familiär gehäuften Krebserkrankungen führen und auch mit einer erhöhten Strahlenempfindlichkeit in Zusammenhang stehen können. Die Ursache für die familiär gehäuften Krebserkrankungen kann die erhöhte Strahlenempfindlichkeit sein, die eventuell gleichzeitig auch eine erhöhte Empfindlichkeit gegen andere Agenzien wie krebsauslösende Chemikalien verursacht. Durch die gestörte Schadensprozessierung entstehen dann vermehrt Veränderungen in den Genen und es kann eine Krebserkrankungen ausgelöst werden. Ein Hinweis auf solch eine Konstellation sind mehrere Krebserkrankungen bei Geschwistern, Eltern und Großeltern. Ein junges Erkrankungsalter früher als vor dem 45. bis 50. Lebensjahr und das Auftreten von mehreren Krebserkrankungen deuten ebenfalls auf eine mögliche erhöhte individuelle Strahlenempfindlichkeit hin.
Familiäre Krebserkrankungen liegen bei folgenden Syndromen vor: |
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Familiärer Brustkrebs (BRCA1/2) |
Li Fraumeni Syndrom |
HNPCC / Lynch Syndrom |