Arbeitsgruppe Strahlenempfindlichkeit
Warum gibt es Menschen mit unterschiedlicher Strahlenempfindlichkeit?
Die individuelle Strahlenempfindlichkeit beschreibt, wie die Zellen eines Menschen mit den durch Strahlung erzeugten Schäden an der DNA umgehen können. Dazu gehört nicht nur, dass die Schäden an der DNA wieder repariert werden, sondern auch dass innerhalb der Zelle die Information über die Anzahl und Schwere der Schäden adäquat weitergegeben werden. Weiter muss die Zelle dann richtig reagieren und die Zellteilung mit Hilfe ihrer Tumorsuppressorproteine anhalten um Zeit für die Reparatur der DNA-Schäden zu schaffen. Bei besonders vielen und schwerwiegenden Schäden muss sie dafür sorgen, dass Sie sich nie mehr teilen kann. Dies passiert durch die Auslösung der vorzeitigen Seneszenz oder durch Auslösen einer Zelltodesart. All diese Schritte fassen sind dann als die Schadensprozessierung anzusehen und die daraus gezogenen Konsequenzen..
Für Schadensprozessierung werden mehrere hundert verschiedene Proteine bzw. Gene benötigt. Auch kleine häufigere (Polymorphismen) oder seltenere (Mutationen) Veränderungen in diesen Genen können zu einer veränderten Schadensprozessierung führen. Dies bedeutet dann, dass der Mensch gegenüber der Strahlung und eventuell anderen die DNA schädigenden Agenzien empfindlicher wird.
Individuelle Strahlenempfindlichkeit
Nach dem Konzept der individuellen Strahlenempfindlichkeit kommt es durch die Eigenschaften dieser leicht unterschiedlichen Genen als Resultat bei jedem Menschen zu einer für ihn spezifischen Strahlenempfindlichkeit, die beschreibt wie derjenige mit den durch die Strahlung gesetzte Schäden umgehen kann. Die Strahlenempfindlichkeit kann man mit verschiedenen Methoden und Gewebezellen testen. Es wird davon ausgegangen, dass die Strahlenempfindlichkeit relativ in jedem Gewebe gleich verändert ist. So sind Stammzellen der Blutbildung deutlich empfindlicher als Zellen der Schleimhaut oder verschiedener Drüsen und diese wiederum als viele Zellen von Organen oder der Haut. Somit kann Strahlenempfindlichkeit an jeder Körperzelle getestet werden. Gewöhnlich werden leicht verfügbare Zellen wie Hautzellen oder Blutzellen dafür genutzt. Zur Testung der Strahlenempfindlichkeit stehen unterschiedliche Methoden wie die DNA-Doppelstrangbruchreparatur, Apoptoseinduktion, Zellinaktivierung im Koloniebildungstest und verschiedene Chromsomenanalysen zur Verfügung, die alle ihre spezifischen Vor- und Nachteile haben. Meist werden die untersuchten Zelltypen ex vivo bestrahlt, der Hintergrund an Effekt abgezogen und der verbleibende Effekt als Maß der Strahlenempfindlichkeit genommen. Wir verwenden als Standard die Untersuchung von Blutlymphozyten, die wir mit 2 Gy bestrahlen und dann sich teilen lassen. Nach 48 Stunden untersuchen wir in der ersten Teilungsphase welche Schäden von der Bestrahlung verblieben sind. Diese Schäden werden in Brüche pro Teilung (Brüche pro Metaphase) ausgedrückt und darüber kann dann eine erhöhte Strahlenempfindlichkeit sehr gut beschrieben werden. Ab einer Erhöhung auf Werte über 0.5 Brüche pro Metaphase gehen wir von einer erhöhten Strahlenempfindlichkeit aus, ab 0.6 Brüche pro Metaphase empfehlen wir dringend die täglichen Dosen bei einer Strahlentherapie entsprechend zu reduzieren.
Genetische Syndrome
Es gibt eine Reihe von genetischen Erkrankungen mit unterschiedlich schweren Erkrankungen an unterschiedlichen Symptomen, die zusätzlich häufig eine erhöhte Strahlenempfindlichkeit verursachen. Bekanntere Syndrome sind das Fanconi Syndrom, Ataxia Telangiectatica und das Nijmegen Breakage Syndrom. Bei allen Syndromen ist das Ausmaß der Strahlenempfindlichkeit nicht immer gleich. Beim Fanconi Syndrom gibt es Patienten die nicht erhöht und andere die deutlich erhöht strahlenempfindlich sind.
Genetische Syndrome mit erhöhter Strahlenempfindlichkeit: | |
---|---|
Ataxia Telangiectatica (ATM) | ATLD / Mre11 |
Cockayne-Syndrom | Bloom-Syndrom |
DNA-PK | Fanconi Anämie |
Ligase IV | Nijmegen Breakage Syndrom |
Rett Syndrom | Rothmund-Thomson-Syndrom |
SCID-Artemis | Trichothiodsytrophie |
Werner-Syndrom | Xeroderma pigmentosum |
Familiäre Krebserkrankungen
Es gibt aber auch familiär weitergegebene Gene, die keine Erkrankung verursachen, aber zu familiär gehäuften Krebserkrankungen führen und auch mit einer erhöhten Strahlenempfindlichkeit in Zusammenhang stehen können. Die Ursache für die familiär gehäuften Krebserkrankungen kann die erhöhte Strahlenempfindlichkeit sein, die eventuell gleichzeitig auch eine erhöhte Empfindlichkeit gegen andere Agenzien wie krebsauslösende Chemikalien verursacht. Durch die gestörte Schadensprozessierung entstehen dann vermehrt Veränderungen in den Genen und es kann eine Krebserkrankungen ausgelöst werden. Ein Hinweis auf solch eine Konstellation sind mehrere Krebserkrankungen bei Geschwistern, Eltern und Großeltern. Ein junges Erkrankungsalter früher als vor dem 45. bis 50. Lebensjahr und das Auftreten von mehreren Krebserkrankungen deuten ebenfalls auf eine mögliche erhöhte individuelle Strahlenempfindlichkeit hin.
Familiäre Krebserkrankungen liegen bei folgenden Syndromen vor: |
---|
Familiärer Brustkrebs (BRCA1/2) |
Li Fraumeni Syndrom |
HNPCC / Lynch Syndrom |
Eine umfassende Beschreibung von Tumorprädispositionssyndromen sind hier beschrieben: Online-Portal für Krebsprädispositionssyndrome (KPS)
Veröffentlichungen zum Thema:
Arbeitsgruppe Individuelle Strahlenempfindlichkeit
Lukas Kuhlmann (M.Sc.)
Gruppenleiter
Kontakt: Lukas.Kuhlmann@uk-erlangen.de